Sonntag, 30. Oktober 2011

Es geht nichts über die richtige Ausrüstung

Bisher habe ich mich insgeheim immer nur darüber lustig gemacht, dass Menschen zum Inline-Skating, Joggen und Fahrrad-Fahren jeweils wieder eigene, spezielle Fachkleidung benötigen (wann kam dieser Trend eigentlich auf? Das muss irgendwann in den späten 80ern begonnen haben). Jetzt habe ich aber wirklich gute Fachausstattung entdeckt - gibt es in Berlin schon ein Fachgeschäft für Ghost Hunting Cases and Bags?

Meine ultimative Bewertung des Kindle eBook-Reader von Amazon

Als bekennender Buch-Fetischist, dem an einem Buch nicht nur der Inhalt von großer Bedeutung ist, sondern auch die Dicke und Glätte des Papiers, das verwendete Druckverfahren, die Bindung, der Umschlag und nicht zuletzt auch der Geruch, gebar ich widerstandslos das Vorurteil, dass mich ein elektronisches Buch ausschließlich einmal kurz aus technischer Neugier interessieren könne.

Nachdem ich dann das erste Kindle in Natura vor mir liegen sah, war ich sogar noch fast schockiert über die geringe Größe des Bildschirms - pardon, des digitalen Papiers. Um den Vorurteilen nicht grundlegend zu erliegen, nahm ich es dann in die Hand und ab hier begann eine freundliche Phase der Annäherung: Es liegt erstaunlich angenehm in meiner Hand - was auch der geringen Größe geschuldet ist.
Dazu kommt die Qualität der Darstellung: Ich wusste nicht, dass ein (lediglich schwarz/weiß darstellendes) Kindle es auch fertig bringt, Bilder in Graustufen erstaunlich gut darzustellen. Was ihm aber noch wesentlich besser gelingt, ist die Darstellung von Text. Ich kann nicht festmachen, woran genau es nun liegt, aber Text sieht auf diesem digitalen Papier einfach viel besser aus als auf jedem noch so guten LCD oder LED-Bildschirm. Möglicherweise liegt es an dem großen Kontrast - an der Auflösung liegt es nicht, denn diese ist angeblich nicht besonders hoch.
Auch die Bedienung ist erstaunlich simpel und macht fast Spaß.

Jedenfalls hat sich meine Freundin dann ein solches Kindle zum Geburtstag gewünscht (und auch bekommen), und ab dann habe ich natürlich angefangen, das Gerät von allen Seiten aus zu begutachten und intensiv zu nutzen. Mit dem Ergebnis, dass ich inzwischen auch seit einem Monat mein eigenes Kindle (das billige - ohne Tastatur) stets bei mir führe.

Wenn ich das kürzestmögliche Fazit zum Kindle abgeben soll, dann sage ich stets: Ein Kindle ersetzt kein Buch, aber ein Kindle ersetzt 10 Bücher.


Immer wieder denke ich beim Lesen - insbesondere von Fachliteratur, dass ich mich in einem echten Buch wesentlich besser orientieren könne und viel leichter vor- und zurückblättern, um Querzulesen. Dafür ist ein Kindle schlichtweg nicht geeignet.
Dafür gibt es Dinge, die mit einem echten Buch nicht möglich sind: Das eingebaute Oxford Dictionary oder der Duden erläutern einem schnell und problemlos jeden Begriff, zu dem ich mir weitere Details wünsche - sehr angenehm. Und Lesezeichen kann ich setzen so viele ich will - ganz abgesehen davon, dass sich das Kindle merkt, an welcher Stelle ich zuletzt in jedem Buch gelesen habe und automatisch wieder an diese Stelle springt, sobald ich das jeweilige Buch das nächste Mal öffne. Auch die Suche nach Begriffen funktioniert natürlich, wie es in einem echten Buch widerum unmöglich ist.

Hinzu kommt eine Sache, die es zu beachten gilt: Die Verlage dürfen bestimmen, ob und wie ich die Bücher weitergeben darf und kann. Meine Freundin hat sich einen Krimi bei Amazon gekauft. Diesen kann sie von ihrem Kindle für maximal 2 Wochen auf meinen Kindle ausleihen - in dieser Zeit kann sie ihn aber auf ihrem Kindle nicht weiter lesen. Wenn ich statt dessen ihr Kindle nehme, um ihr Buch zu lesen, nehme ich ja gleich sämtliche Bücher mit, die sie darauf gespeichert hat und in dieser Zeit nicht lesen kann - ein eindeutiger Nachteil. Manche Verlage - wie zum Beispiel der US-Fachverlag O'Reilly - machen es da wesentlich freundlicher: Deren Bücher kann man digital nicht nur - wie es sein soll - günstiger kaufen als die gedrucken Versionen, sondern gleich in zahlreichen Versionen (unter Anderem auch als PDF), die sich zudem beliebig frei kopieren lassen, ohne dass dem Leser dadurch irgendwelche Einschränkungen entstehen. Als wäre das noch nicht genug, bekommt man nachträglich korrigierte Fassungen kostenlos zur Verfügung gestellt und die gedruckten Ausgaben zu einem ermäßigten Preis. Es gilt also auch - oder gerade - im digitalen Zeitalter, genau darauf zu achten, von welchem Verlag man welches Buch kauft.

Toll ist natürlich außerdem, dass ich ein gekauftes Buch praktisch sofort in meinen Händen halten und lesen kann - teilweise sogar noch, bevor die gedruckte Ausgabe verfügbar ist.

Mein Fazit lautet also, dass ein Kindle kein einziges Buch ersetzen kann - im Vergleich zu einem Buch hat es einfach zu viele Nachteile, die es für mich nicht aufwiegen kann. Aber es ersetzt alle die Bücher, die ich seither bei mir trage, ohne dass sie an Platz weg- oder an Gewicht zunehmen. Und es liest sich auch bei Schummerlicht noch gut - und der Akku hält länger als nötig. Ich empfehle also das Kindle ohne Tastatur auf jeden Fall für alle Leute, die Bücher lesen (und nicht nur eins).